ALS – diese drei Buchstaben stehen für Amyotrophe Lateralsklerose, eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Typische Symptome sind muskuläre Lähmungen und allmählicher Muskelabbau, häufig an den Handmuskeln beginnend, dann auf andere Regionen ausbreitend. Bei ALS-Varianten mit überwiegender Beteiligung von Nervenzellen, die für die Willkürmotorik und die Steuerung der Körperhaltung verantwortlich sind, kann sich eine Spastik entwickeln, eine gesteigerte Muskelspannung.
Der Befund von ALS lässt sich nicht direkt nachweisen. Es sind noch keine eindeutigen Biomarker bekannt, die zweifelsfreie Aussagen ermöglichen. Deswegen wird ALS über ein Ausschlussverfahren diagnostiziert. Man macht spezifische Tests. Liefern diese bestimmte Ergebnisse, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um ALS handelt. Insgesamt gibt es für die Krankheit sieben sogenannte Leitsymptome. Treten mindestens vier davon auf, operiert die Medizin mit dem Überbegriff »Amyotrophe Lateralsklerose«. Vollständig abgesichert ist eine solche Diagnose aber nie. Erst der Verlauf der Krankheit bestätigt die Richtigkeit des Befunds – oder eben nicht. Dabei sind die möglichen Verlaufsformen sehr unterschiedlich.
Den Verdacht, an ALS erkrankt zu sein, äußerten die Ärzte mir gegenüber erstmals im Februar 2017. Zwei Monate später verdichteten sich die Hinweise zu einer konkreten Annahme, so dass von einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden konnte, dass ich an ALS erkrankt bin. Natürlich ließ die Diagnose alles in meinem Kopf rotieren. Schicksalsschläge wie Schlaganfälle, Herzinfarkte oder Verkehrsunfälle verändern das Leben plötzlich, und es dauert lange, um sich davon zu erholen. Bei ALS hingegen ist es andersherum: Man spürt zunächst fast nichts, dafür sind die langfristigen Aussichten verheerend. Es wird einem prophezeit, dass sich der eigene Körper Stück für Stück auflösen wird bis zu dem Punkt, an dem man nicht mehr schlucken kann, an dem selbst das Atmen unmöglich wird.
Zwar gibt es lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Beatmung oder künstliche Ernährung. Letztlich jedoch wird einem mitgeteilt, dass die Lebensuhr abläuft. Die Schulmedizin kennt im Grunde keine Behandlungsmöglichkeiten für ALS. Das einzige zugelassene Medikament ist bereits lange auf dem Markt und erhöht die Lebenserwartung statistisch gesehen um lediglich zweieinhalb Monate. Was bleibt, sind symptombezogene Therapien, ohne die Ursachen der Krankheit bekämpfen zu können. Mit ihrem Ausbruch beginnt ein neuer Weg, dessen Länge, Anstiege, Gefälle und Gabelungen höchst unterschiedlich sein können. ALS ist schleichend und unaufhaltsam – aber auch unberechenbar in individueller Durchschlagkraft und Beherrschbarkeit. Ein Leben mit ALS bedeutet zweifelsohne eine große Herausforderung – doch es hält auch viel Potenzial für reiche Glücksmomente bereit.