Vor etwas mehr als einem Jahr, Anfang September 2022, fuhr ich mit einem Freund in die SWR-Sendezentrale nach Stuttgart. Ein Radio-Interview stand an. Ich hatte mir vorher nicht klargemacht, in welche Sendung genau ich eingeladen war, um zu meinem Thema zu sprechen. »SWR1 Leute« – vielleicht mal gehört, aber für mich kein fester Begriff. Von Freunden aus dem Schwabenländle erfuhr ich hinterher, dass dieses Talk-Format im Südwesten eine große Reichweite habe und so etwas wie Kultstatus genieße. Diese Dimension war mir zum Glück vorher nicht bewusst. Umso beeindruckter war ich, als sich herausstellte, dass die Aufzeichnung meines Gesprächs in eine zweistündige Sendung fließen sollte – 120 Minuten Radio, in denen der Moderator Jens Wolters und ich ausschließlich zu meiner Person sprechen sollten. Das war allerhand. Kam ich doch wie die Jungfrau zum Kind vor ein solches Mikro.
Unmittelbar vor den Aufnahmen war ich in keiner guten Verfassung. Mich plagten Krämpfe. Ich konnte nicht normal atmen und hatte Angst, im Tonstudio kein Wort rauszukriegen. Ich dachte, ich kriege gar nichts gebacken. Doch es gab kein zurück. Pünktlich ging’s los. Moderator Jens Wolters und ich waren uns zum Glück auf Anhieb sympathisch. Anders kann ich mir nicht erklären, warum sich so eine tolle Energie und Eigendynamik im Studio entwickelte. Hinterher sagte mir Jens Wolters, dass er sich gar nicht mehr an sein Konzept gehalten habe, so sehr sei ich in einen Flow geraten. Das war ich tatsächlich! Wie in einem Tunnel.
Als das Gespräch zu Ende war, die roten Lampen ausgingen, kamen alle andere rein: Studiogäste, der Redakteur, der Tontechniker. Alle waren sehr bewegt – und stellten damit mein subjektives Gefühl auf den Kopf: Aus meiner Sicht hatte ich viel zu holperig gesprochen, war nicht los geworden, was ich eigentlich sagen wollte. Es überraschte mich sehr, dass sich die anderen so begeistert zeigten. Das berührte mich. Gebannt und vorfreudig wartete ich in den folgenden Tagen auf die Ausstrahlung meines Interviews. Doch die ließ auf sich warten. Aus einem royalen Grund. Ursprünglicher Sendetermin war ausgerechnet der Tag, an dem die englische Queen starb. Da hatte Philipp Hanf natürlich kurzfristig Sendepause. Also wurde die Ausstrahlung um eine Woche nach hinten verlegt. Heute kann ich mit einem Schmunzeln sagen, dass nur die Queen mich verschieben konnte.
Das Feedback auf die Sendung war überwältigend – in ersten Reaktionen nach der Ausstrahlung, aber auch in den Folgemonaten. Immer noch sehen bzw. hören die Ausgabe täglich 50 bis 100 Menschen in den Mediatheken von ARD, SWR und auf YouTube. Bis heute erreichen mich Mails und Briefe von bewegten Menschen. Für mich war der Auftritt ein medialer Meilenstein. Die besondere Stimmung zwischen Jens und mir mir hatte dabei entscheidend geholfen. Ich bin sehr froh, diesen Journalisten kennen gelernt zu haben und noch heute mit ihm verbunden zu sein.