Mit 16 spielte ich Fußball in einer Erwachsenenliga. Zum Profi sollte es dann aber nicht reichen. Und doch stand ich (mal wieder) dort, wo einst ein junger Mann seine Träume lebte – auf dem Rasen der Volkswagen-Arena vom VfL Wolfsburg. Nicht als reiner Fußballliebhaber war ich dort, sondern als Schicksalsgenosse. Mit derselben Diagnose, die Krzysztof Nowak vor fast einem Vierteljahrhundert traf: ALS. 2005 ist er von uns gegangen.
Ende Mai kamen viele von Nowaks Weggefährten ins Wolfsburger Stadion, um seinem Tod vor 20 Jahren zu gedenken. Der polnische Fußballer war gerade einmal 25, als er nach monatelanger Ungewissheit erfuhr, was in seinem Körper vorging. Er hatte noch ein paar Spiele für den VfL bestritten, auch sein letztes Bundesligaspiel gegen Hertha BSC – und dann kam das Aus. Das Aus für eine Karriere, in der er auch zehnmal für Polens Nationalelf aufgelaufen war. Das Aus für ein Leben, das gerade erst Fahrt aufgenommen hatte.
Ich stand am Gedenktag mit rund 400 anderen Menschen vor dem VIP-Eingang. Familie, Freunde, ehemalige Mitspieler, VfL-Mitarbeitende, Fans – viele waren gekommen. Die Atmosphäre war leise und respektvoll, zugleich sehr herzlich. Wir spürten, dass Krzysztof noch immer etwas verbindet: seine Persönlichkeit, seine Geschichte, seine Stärke.
Vor dem offiziellen Teil hatten wir im kleineren Kreis bereits Blumen am Grab niedergelegt – ein stiller Moment unter engen Vertrauten. In der Kapelle des Stadions zeigten Bilder Szenen aus seinem Leben. Viele der jüngeren Fans, die selbst kaum Erinnerungen an seine Spielzeit haben, hielten inne, betrachteten die Fotos, hörten den Geschichten zu. Es war bewegend, wie groß die Verbundenheit blieb – auch durch die Arbeit der Stiftung, die mit seinem Namen im Titel seit Jahren über ALS aufklärt und Betroffene unterstützt.
Auf dem schönen Wolfsburger Waldfriedhof habe ich zum ersten Mal Krzysztofs Vater und Frau persönlich getroffen. Obwohl wir uns nie zuvor begegnet waren, entstand in wenigen Augenblicken eine erstaunlich tiefe Verbindung. Der Vater schüttelte mir lange die Hände, sah mir in die Augen – sprechen konnten wir nicht, er sprach kein Deutsch. Er sagte nur »Papa Krzysztof« und schloss mich in seine Arme. Mit Tränen in den Augen. Auch seine Frau umarmte mich. Wir unterhielten uns später noch intensiv. Dabei berührte sie einmal meinen Arm, spürte dort dieselben leichten Zuckungen, die sie von Krzysztof kannte. »Ja, so fühlte es sich damals bei ihm auch an«, sagte sie leise. Es war ein sehr emotionaler Moment – schmerzlich und schön. Vielleicht war ich für die beiden für einen Moment eine Art Spiegelbild ihres Sohnes, ihres Mannes – nur ein wenig älter. Diese Begegnung hat uns tief berührt, und wir werden im Austausch bleiben.
Für mich ist es eine riesengroße Ehre, an der Seite von Roy Präger und vielen anderen heute für die Krzysztof-Nowak-Stiftung zu wirken … und für mich ganz persönlich auch, dass ich trotz verhinderter Fußballer-Karriere nun so ein selbstverständlicher Teil des großen Bundesliga-Zirkus sein darf.
Und noch besser: Die Spendenbereitschaft am Wolfsburger Gedenktag war wieder enorm. Es zeigt, wie viel Kraft ein Leben entfalten kann, selbst lange nach dem Tod.
Danke, Krzysztof. Für alles, was Du warst – und was Du uns hinterlassen hast.