ALS-Tag an Berliner Charité: Desillusion und Hoffnung

Der 8. ALS-Tag an der Berliner Charité war mein erster heftiger Kontakt mit der Dramatik der ALS-Erkrankung. Das war im Mai 2017, kurze Zeit nach meiner Diagnose. Inzwischen, mehr als sechs Jahre später, hat sich das Event zu einem hochkarätigen wissenschaftlichen Update für Patienten, Angehörige und Ärzte entwickelt. Der 14. ALS-Tag an der Charité fand am 7. Oktober 2023 statt. Mit mehr als 150 Teilnehmern vor Ort war die Veranstaltung wohl ein großer Erfolg. Auch der Livestream wurde sehr gut angenommen, der jetzt über YouTube verfügbar ist. Bei den Berliner ALS-Tagen bekommen Teilnehmer praktische Informationen durch anwesende Hilfsmittelanbieter, Physiotherapeuten, Logopäden sowie Experten für mögliche Ernährungsunterstützungen oder Beatmungsoptionen. Sie erhalten natürlich auch die Chance zum Austausch von Informationen und Erfahrungen unter Erkrankten und Angehörigen. Und es wird über den aktuellen Stand der Wissenschaft referiert und Teilnehmern die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen.

Leider wurde mein Wissensstand und meine Einschätzung bestätigt, dass eine Aussicht auf Verlangsamung, Stoppen oder gar Heilung der Erkrankung durch Medikamente oder andere medizinische Interventionen noch in weiter Ferne liegt. Einige vielversprechende internationale Studien mussten abgebrochen werden, da sie nicht den gewünschten Effekt erzielten. Die Ergebnisse und Fortschritte der weltweiten Forschung über ALS beschränken sich daher immer noch viel zu sehr auf die Grundlagen. Eine Schlagzeile, dass irgendwelche bahnbrechenden Medikamente kurz vor dem Durchbruch stehen, bleibt vorerst Utopie. Vielleicht liegt es an der Komplexität dieser Erkrankung, dass die Wissenschaft immer noch Basisarbeit betreibt, beispielsweise mit dem Ziel, Erkenntnisse über unterschiedliche Verlaufsformen von ALS zu gewinnen. Das ist für weitere Erfolge zwar notwendig und auch der Sinn von Grundlagenforschung – für Betroffene bedeutet sie allerdings keine mutmachende Perspektive. Auch Therapieansätze, die online in der Community kursieren (wie zum Beispiel das Projekt ThaXonian), werden von der schulmedizinischen Seite eher kritisch beurteilt!

Zu dieser Thematik kommt von mir vielleicht bald ein eigener Beitrag! Nach Analyse aller Vorträge des 14. ALS-Tages bleibt für mich die wichtigste Erkenntnis, dass die Wissenschaft bezüglich der Erkrankung noch sehr wenig weiß und die Verlaufsformen sehr unterschiedlich und damit total individuell sind. Eine wirklich gesicherte Erkenntnis ist allerdings in gewisser Weise positiv! Einheitlich von allen Experten wird geraten, sein Körpergewicht zu halten oder gar zu erhöhen, da der Verlust eindeutig mit Abnahme der Lebenslänge korreliert. Kalorienreiche Nahrung wie Sahne, Fett, Schokolade und viele andere gut schmeckende Dinge, die früher eher ein schlechtes Gewissen auslösten, sind heute nicht nur toleriert, sondern werden sogar ausdrücklich empfohlen! So habe ich wieder einen positiven Effekt in der ganzen Tragik der Erkrankung gefunden! Was beweist, dass keine eindeutigen Prognosen erstellt werden können! Das macht mir und könnte jedem anderen Betroffenen eben auch Mut und Hoffnung machen! Alles ist möglich! Und es ist sicherlich förderlich, lieber positiv und optimistisch zu sein, als sich täglich alle Horrorszenarien vor Augen zu führen! #ALSohappy

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